Als mein Leben verloren ging

Reiselust digital

Eine von vielen Reisen, die ich auf Instagram dokumentierte.

Wenn der Hacker Dein Ich stiehlt

Vor wenigen Wochen musste auch ich die schmerzhafte Erfahrung machen, wie sich Identitätsdiebstahl anfühlt. Mein privater Instagram-Account, den ich seit fünf Jahren und neben dem Bildkanal von Coffee2Stay betrieb, wurde gehackt.

Anspannung

Wie Du vielleicht verfolgt hast, war ich im September für drei Wochen in Nord-Amerika unterwegs. Kurz vor meiner Rückreise zeigte mir Instagram an, dass mein privater Kanal aus der App ausgeloggt worden sei. Da ich im Zuge der DSGVO ständig irgendwo ausgeloggt wurde, hat mich das nicht alarmiert. Zurück in Deutschland wollte ich das bereinigen. Doch ich konnte mich nicht mit dem Benutzernamen anmelden, dieser existiere nicht. Auch über meine E-Mail-Adresse ging nichts. Mit wachsender Anspannung suchte ich nach einem der letzten Hashtags. Da waren sie. Alle Bilder waren da, die Stories, die Follower, die, denen ich folgte. Aber der Name war nicht mehr meiner und die Bio war weg.

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Reisen, bunte Farben und Freude – das war mein Instagram-Leben

Mein Ich

Mein Kanal war für mich wie eine Art Tagebuch. Mein Insta dokumentierte meine Reiselust, mein Kampf um ein gesünderes Leben mit besserer Ernährung und Sport, meine Entdeckung des Laufens bis hin zum Halbmarathon und meine Ergebnisse im Schützenverein mit der Luftpistole. All das war plötzlich weg. Einen Großteil der Fotos habe ich noch im Handy oder auf einem externen Laufwerk. Aber nicht in der chronologischen Reihenfolge, nicht mit meinen Texten, nicht mit den Likes und Kommentaren.

Was tun?

Ich mag das Internet, ich mag es, dass ich unmittelbar mit Menschen auf der ganzen Welt in Kontakt treten kann. Ich mag so manchen Algorithmus. Aber ich mag die Anonymität nicht. Nicht, wenn anonym Menschen beleidigt, angegriffen oder bedroht werden, weil man sich hinter seiner IP-Adresse so sicher fühlt, wie man es im wahren Leben nicht ist. Aber auch nicht, wenn Hilfe ganz weit weg scheint.

Instagram basiert darauf, dass ich mit dem Handy Fotos machen, bearbeiten und hochladen kann. Kurioserweise kann ich mein gehacktes Konto jedoch nur vom Desktop aus melden. Das sagt mir die App leider nicht. Was sie sagt ist sowas wie „was tun, wenn Du meinst, dass Dein Konto gehackt wurde“. Und dann geht der Browser (am Handy) auf und die Reise los: klick hier, klick da, klick dort. Ich hätte kein Problem damit, wenn die elende Klickerei was bringen würde. Auf Facebook hatte ich ein paar Wochen zuvor etwas von einem Formular gelesen. Also in die Gruppe, gesucht, gefunden. Aber ich fand das Formular nicht. Mit zunehmender Frustration und Verzweiflung schrieb ich auf Facebook, dass mein Konto gehackt worden sei. Eine Freundin aus Bermuda kannte sich aus, suchte und schickte mir den Link zum Formular – das geht übrigens nicht aus der App heraus, das geht nur über den Desktop mit etwas Copy und Paste.

Ich füllte das Formular aus, machte ein Foto von mir mit Personalausweis, um meine Identität nachzuweisen und lud es hoch. Am nächsten Morgen sah ich in der Instagram-App „Vielen Dank für Deine Meldung, wir haben das Konto gelöscht.“ Eigentlich wollte ich es zurückhaben. Eigentlich wollte ich meine Identität bestätigt und mein Konto, mein Tagebuch, mein Leben wiederhaben.

Scheiden tut weh

Am meisten tat mir weh, dass mir jemand einfach so mein Leben genommen hat. Ich meine, da waren Fotos dabei, auf denen ich gut erkennbar war. Mein Vorname tauchte manchmal in Fotos auf, niemals mit Nachnamen oder anderen Details. Der Sinn hinter diesem Diebstahl erschliesst sich mir nicht. Möglich wäre, dass jemand (mit einer russischen E-Mail-Adresse und falschen Identität) versucht hat, ein Konto mit mittelmäßiger Followerzahl für sich zu reklamieren, um damit Schindluder zu betreiben. Ich kann es nicht nachvollziehen, mir fehlt die kriminelle Energie.

Lektion gelernt

Eines ist mir bewusst geworden: Meine Erinnerungen kann mir niemand nehmen. Und vielleicht hat die Sache damit auch ein Gutes – ich lebe den Augenblick, sauge die Erlebnisse ein und genieße. Ein Foto ist schnell gemacht und schnell gelöscht. Der Moment bleibt.

Ein letzer Appell: Instagram, Deine Prozesse sind frustrierend, nicht zielführend und viel zu anonym. Wie gerne hätte ich jemandem – einem Menschen! – mein Problem geschildert. Allein der Hinweis, dass ich Dein umständliches, rigides Formular nur auf dem Desktop finde und nicht in der App oder im Browser, wäre Gold wert.

Wenn Dein Instagram-Konto gehackt wurde, folge diesen Schritten:

Der offizielle Weg in sechs Schritten

  1. Wenn Dein Konto gehackt wurde, kannst Du das nur über den Desktop melden.
  2. Auf instagram.com findest Du in der Fußzeile die Option „Hilfe“. Sie führt Dich hierher.
  3. Auf der linken Seite „Problembehebung und Hilfe bei der Anmeldung“ auswählen.
  4. Hier gibt es die Option „Ich kann mich nicht anmelden.“
  5. Mit einem weiteren Klick kommst Du auf die nächste Seite und wählst hier „Ich denke, dass mein Instagram-Konto gehackt wurde.“
  6. Hier wird empfohlen, auf der Startseite (im Desktop!) auf „Hilfe beim Anmelden“ zu gehen.

Ein einziger Schritt

Was mir letztlich wirklich half, war dieser Link: Hier kannst Du melden, dass sich jemand als Du ausgibt. Hier liegt das Meldeformular versteckt. Den habe ich nicht gefunden, nicht gezielt und nicht per Zufall. Den hat mir eine Freundin geschickt.
Und weil das so unlogisch und frustrierend war, teile ich ihn gern mit Dir.

5 Gedanken zu “Als mein Leben verloren ging

  1. Das ist einfach unfassbar! Ich frage mich immer, was hat jemand davon? Man gibt sich Mühe, es kostet alles Zeit nur weil da draußen Einer am Schaden tun, Spaß hat! Schön, dass du drauf aufmerksam machst. Liebe Grüße!

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